Das Verhaltensziel

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Die nette Motzverkäferin

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Die spitzen Schuhe

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Im menschlichen Körper

Die tierischen Energiespeicher

Die Post des Körpers

C
Biograhisches

Der Auftritt

Der Maikäfer

D
Zur Zivilisation

Die Bedeutung des Nuckels

 

 

Das Verhaltensziel

von

Rudi Zimmerman

Was sollte man unter dem Ziel eines Verhaltens verstehen? Welchem Ziel dient das Verhalten eines Individuums?

a. Nehmen wir das Essen, die Nahrungsaufnahme.
Dient dieses Verhalten dem Überleben oder
der Beseitigung des Hungergefühls?

b. Nehmen wir den Geschlechtsverkehr.
Dient er der Zeugung von Nachkommen oder
dem Erleben eines sexuellen Orgasmus?

c. Nehmen wir das Streben nach Erfolg und Anerkennung.
Dient es dem Ehrgeiz, hat der Mensch ein Bestreben, der Beste sein zu wollen, gewinnen zu wollen im Wettkampf oder
dient es dem Erleben von Glücksgefühl?

Traditionell wird hier in der Regel stets die erste Variante angenommen. Man kann selbstverständlich auch sagen, das Verhalten diene beiden Zielen. So ist es natürlich auch ganz real. Aber diese objektive Tatsache interessiert hier zunächst nicht. Der Philosophie lebender Systeme geht es um die Frage der Verhaltenssteuerung. Wird das Verhalten vom sozusagen objektiv vorhandenen Motiv gesteuert, vom Nutzen für das Überleben des Individuums oder vom Nutzen für die Gesellschaft, Nachkommen zu haben, Rentenbezahler?

Die Philosophie lebender Systeme unterstellt die zweite Variante als den entscheidenden Antrieb für das Verhalten des Individuums. Die erste Variante bezeichnet sie als den rationalen, den übergeordneten Zweck. Hier handelt es sich darum, dass das System Mensch als Teil des Systems Gesellschaft handelt. Der Staat profitiert vom Überleben des Individuums (bis zum Eintritt ins Rentenalter), der Staat profitiert von den Nachkommen des Individuums und der Staat, die Wirtschaft) profitiert vom Ehrgeiz des Individuums. Das Individuum, das System Mensch, ist hier der Effektor des Staats. Tatsächlich sind für das Verhalten des Individuums seine Gefühle maßgebend, schon aus Zeitgründen handelt es gefühlsgesteuert. Der psychisch gesunde Mensch verlässt sich auf seine Gefühle und denkt nicht nach, sondern handelt sofort, sozusagen spontan.

Am besten lässt sich dies erläutern an einem Beispiel, bei dem es ums Überleben geht.

Nehmen wir als Beispiel ein junges Beutetier, das zum ersten Mal in seinem Leben einen Fressfeind erblickt. Was tut es? Es rennt weg. Tierverhaltensforschung hat sogar ermittelt, dass es die Flucht ergreift, wenn es eine Atrappe erblickt, die lediglich das auslösende Charakteristikum des Fressfeindes darstellt. Es handelt sich nämlich um einen Fluchtreflex, einen AAM (angeborenen Auslösemachanismus). Davon weiß das in Lebensgefahr befindliche Individuum jedoch nichts. Dieses erlebt nur Angst. Es rennt also weg, weil es Angst hat. Mit anderen Worten: Das Wegrennen, die Flucht, dient der Beseitigung von Angst. Dass das Tier damit sein Leben rettet, ist ein Nebeneffekt. Das Handlungsziel ist also nicht der Überlebenswille, sondern die Angstvermeidung. Das Jungtier weiß zunächst gar nicht, warum es Angst empfindet. Dass sein Leben in Gefahr ist, bemerkt es erst dann, wenn es gebissen wird. Erst der Schmerz signalisiert ihm die Lebensgefahr. Der Anblick, die optische Wahrnehmung, vermittelt lediglich Angst (in der speziellen Terminologie der Psychologie Furcht, da ein konkretes Objekt die Angst auslöst).

Das Überleben liegt auch nicht im objektiven Interesse des Individuums, um es einmal ganz drastisch zu sagen. Das Überleben liegt im Interesse der Art. Die Art hat ein objektives Interesse daran, dass das Individuum bis zur Geschlechtsreife, bzw. bis zur Aufzucht der Jungen überlebt. Die in lebensbedrohlichen Situationen im Individuum auftretende Angst ist lediglich das Mittel, dessen sich die Art bedient, um die Arterhaltung zu gewährleisten.

Ebenso ist es bei den anfangs aufgeführten Beispielen bzw. Fragen. Das im Individuum auftretende Hungergefühl (a) ist lediglich das Mittel, dessen sich die Natur bedient, um das Individuum zur Aufnahme von Nahrung anzutreiben. Denn das Individuum, der Säugling, kann ja zunächst einmal gar nicht wissen, dass es sterben könnte, wenn es keine Nahrung zu sich nimmt. Der Säugling saugt zunächst nur deshalb an der Mutterbrust oder dem Nuckel der Flasche, weil er Hunger hat, und nicht etwa, weil er seinen Tod vermeiden will. Ziel ist die Beseitigung des Hungergefühls. Der Jüngling begattet das weibliche Sexualobjekt (b), weil er durch dieses Verhalten erregt wird, weil er Lustgefühl empfindet und schließlich einen Orgasmus, und nicht, weil er er Vater werden will und sich um ein Kind sorgen möchte. Der Orgasmus ist das Bestechungsgeld der Natur, das sie dem Jüngling dafür zahlt, dass er später die Mühen der Aufzucht auf sich nimmt. Sein Ziel ist der sexuelle Orgasmus. Und der Teilnehmer an Olympia strengt sich an, um zu siegen (c), weil es das Glücksgefühl des Siegers erleben möchte. Würde es ihm kein Glücksgefühl bereitet, den Wettstreit zu gewinnen, würde er sich die Mühen des Trainings und der Anstrengung ersparen. Hier hat die Natur eine Gefühlsqualität geschaffen, die das Individuum zu Leistung antreibt.

Zusammenfassend gesagt sind die Gefühle des Menschen das Mittel, dessen sich die Natur bedient, um das Verhalten der Individuen zu steuern. Diese Gefühle werden durch Hormonausschüttungen erzeugt. Verschiedene Hormonmuster (Konzentrationen von Hormonen im Blut) bewirken unterschiedliche Gefühlsqualitäten. Oder andersherum formuliert:
Die Natur erzeugt im Individuum Gefühle, um sein Verhalten in ihrem Sinn zu steuern. Der Natur geht es dabei um die Evolution. Es geht darum, dass die Individuen sich übervermehren, konkurrieren, sich anstrengen, etwas leisten, so dass es auf lange Sicht zu einer ständigen Verbesserung bestimmter Eigenschaften kommt, die weiter vererbt werden.

Nun hat die Evolution inzwischen den Menschen entwickelt, ein Tier, das Denken kann und Theorien, Wissenschaft und Technik erfindet, kurz: ein Tier, das die Evolution als Zivilisation fortsetzt.

Über die negativen Folgen dieser Zivilisation für die Natur habe ich mich an anderer Stelle geäußert, hier will ich ein weiteres Thema anschneiden.

Die Wissenschaft denkt, dass die Natur nicht denken kann und daher die Evolution kein Ziel haben könne. Dazu möchte ich sagen: genauso wenig, wie die Wissenschaft denken kann, kann auch die Natur denken. Denken ist eine Fähigkeit von Hirntieren – z.B. Wissenschaftlern -, aber nicht eine Eigenschaft von Wissenschaft oder von Natur.

Unklar bleibt jedoch, warum etwas hirnloses und nichtdenkendes kein Ziel haben sollte.

Der Einzeller hat auch kein Hirn und dennoch das gleiche Ziel wie ein Wissenschaftler, nämlich das Ziel zu überleben. Letzlich ist es lediglich eine Frage der Bezeichnung, ob man sagt, die Gravitation ist die Anziehungskraft von Masse, oder ob man sagt, Massen haben das Ziel, sich zu vereinigen. Oder ob man sagt, ein Körper behält seine lineare Fortbewegung (seinen gegenwärtigen Zustand) ewig bei, es sei denn, eine Kraft wirkt auf ihn ein, oder ob man sagt, ein materieller Körper habe das Ziel, seinen Zustand ewig beizubehalten. Dass das Ein-Ziel-zu-haben Nichtdenkendem abgesprochen wird, ist doch lediglich die Vermeidung von Kränkung. Es kränkt den denkenden Menschen, für wahr zu halten, dass Nichtdenkendes, ja selbst Nichtlebendes, ein Ziel haben könnte. Hat das Nichtlebende ein Ziel, spricht der Wissenschaftler von Naturgesetz. "Naturgesetz" ist in Wahrheit lediglich eine andere Formulierung dafür, dass alles Nichtlebende ein Ziel hat und sich entsprechend dieses Ziels verhält. Das Nichtlebende weicht sogar viel weniger von seinem Ziel ab als das Lebende. Während sich das Nichtlebende konsequent an sein Ziel hält, so dass sein "Verhalten" als Naturgesetz formuliert werden kann und als "Bewegung" herabgewürdigt wird, ist es geradezu ein Charakteristikum des Lebenden, sein Ziel ändern zu können, inkonsequent zu sein, so dass das Verhalten eines lebenden Systems als nicht berechenbar erscheint, insbesondere beim Menschen.

Nun meint der Mensch, er könne sich frei entscheiden und sein Verhalten sei unberechenbar.

Diese Freiheit hat jedoch Grenzen. Sie ist beschränkt auf bestimmte Wahlentscheidungen, die ihm die Natur aus bestimmten Gründen lässt.

Beispielsweise kann er sich für das eine oder das andere Essen entscheiden, aber er kann sich nicht entscheiden, nicht zu essen (falls er psychisch gesund ist). Er kann sich für den einen oder den anderen Partner entscheiden oder die eine oder andere Art der sexuellen Befriedigung, aber nicht dafür, keinen Geschlechtstrieb, kein sexuelles Verlangen zu haben. Er kann sich entscheiden, als Wissenschaftler, als Sportler oder als Handwerker oder als Ehepartner Erfolg zu suchen, aber er kann sich nicht dafür entscheiden, keinen Erfolg zu suchen.

Die Natur lässt ihm diese Freiheiten, weil sie ein Ziel hat: sie will alles. Sie will die Vermischung von allem, will durch Vermischung neues hervorbringen, sie will neu kombinieren, alles probieren, und immer das Beste vermehren. Oder anders formuliert: sie will Informationsanreicherung, Antientropie bzw. Extropie.

Und genau so geschieht es: in der Evolution, in der Wissenschaft, in der Wirtschaft. Das Denken und Forschen des Menschen dient lediglich diesem Ziel der Natur.

Rudi Zimmerman

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