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Einwanderung und Integration
Auszug aus: Zivilisation als Fortsetzung der Evolution. Die Entwicklung der Erdbevölkerung zum System Menschheit. Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt © 2008 Verlag Philosophie des dritten Jahrtausends. Berlin. ISBN 978-3-00-024701-9
Aufgrund der ständig wirksamen Wachstumstendenz lebender Systeme ist die Geschichte der Menschheit von Wanderungsbewegungen der Individuen geprägt, die aus armen Ländern in Richtung reiche Länder … geht. Reichtum wirkt als Magnet .... Deshalb können immer Auswanderungsländer und Einwanderungsländer unterschieden werden. Noch vor 150 bis 200 Jahren waren die westlichen Industriestaaten Auswanderungsländer, weil die Bevölkerung sich entsprechend dem genetisch gesteuerten Paarungsverhalten übervermehrte, die Bevölkerungen dieser Länder in Armut lebten und sich in Übersee bessere Entfaltungsmöglichkeiten erhofften. Erst nach Ende des zweiten Weltkrieges kam es zu einer Umkehr dieser Bevölkerungsbewegung, durch den Krieg war die Bevölkerung dezimiert, hinzu kam etwas später die Möglichkeit, sich durch medikamentöse Empfängnisverhütung sexuelle Lust im Überfluss zu verschaffen, ohne dabei Kinder zu zeugen, wovon die westeuropäischen Frauen auch regen Gebrauch machten. Das Bevölkerungswachstum stagnierte, der Reichtum der Bevölkerung wuchs und wurde zum Reiz für die sogenannten „Entwicklungsländer“ und die ärmeren Länder Europas, in die westeuropäischen Industriestaaten einzuwandern. Sie wurden zu Einwanderungsländern und sind es bis heute geblieben. …
Zusätzlich zeigte sich, dass Sprachunterschiede auch mit anderem kulturellen Verhalten verbunden sind. Andere Begriffe erwiesen sich als Ausdruck einer anderen Denkweise und eines anderen sozialen Umgangs miteinander. Die Rolle des Mannes und der Frau innerhalb der Familie, die Regeln des Anstands, die Frauen betreffen und die Freizügigkeit der Männer im Umgang mit den Mädchen und Frauen der westlichen Kultur, die bestimmte Kleidungsstücke nicht tragen (Schleier) und somit als Freiwild gelten, das nach Belieben ohne moralische Hemmungen sexuell attackiert werden kann, … eine kulturelle Anpassung des Denkens und Handelns wird jedoch nicht gefordert. Die westlichen Kulturen werden multikulturell. Die kulturellen Spannungen, die bis dahin zwischen den Staaten und Kulturen bestanden haben, werden daher innerhalb dieser Einwanderungsstaaten sichtbar.
Es kommt ein weiterer Gesichtspunkt hinzu. Die Trennung der Menschheit in Religionsgemeinschaften mit unterschiedlichen religiösen Denkinhalten bleibt ebenfalls bestehen, da die Einwanderungsstaaten religiöse Freizügigkeit gestatten. … Der Staat überlässt es jeder Religionsgemeinschaft, den Unsinn zu glauben, den sie glauben möchte. Es hat sich das Wissen durchgesetzt, dass Glaubensinhalte nicht verifizierbar/falsifizierbar und daher beliebig sind.
Die hochzivilisierten westlichen Einwanderungsstaaten verstehen unter Integration nicht, dass sich die Einwanderer dieser Freiheit des Denkens anpassen und religiöse Denkinhalte als beliebig austauschbar betrachten, die ohne Folgen aufgegeben werden können, da irgendwelche negative Konsequenzen im phantasierten Jenseits nach dem Tode gar nicht zu erwarten sind. Das Predigen von Trennung, also der Teilung der Menschen in gute Gläubige und böse Ungläubige, die man ohne schlechtes Gewissen töten darf, ist daher in die westlichen Zivilisationen reimportiert worden und führt im Gegenzug sogar dazu, dass die christlichen Religionen ebenfalls eine Tendenz zeigen, erneut Trennung zu predigen. …
Diese Konflikte haben allerdings auch einen positiven Gesichtspunkt für die Zivilisation. Während sich die Menschheit in der bisherigen Zivilisationsgeschichte durch Sprachbildung, Trennung in Sprachgemeinschaften, Religionsgemeinschaften und Kulturen in … Staaten … geteilt hat, … führen die innerstaatlichen Konflikte in den westlichen Industrienationen der Gegenwart zu einer Auflösung der nationalen Identitäten ihrer Bewohner. … Das Individuum "weiß" nicht mehr, womit es sich identifizieren soll. Ebenso geht es jedoch den Einwanderern, die sich mit der Kultur ihres Geburtslandes ebenfalls nicht mehr vAöllig identifizieren und deren Denken die durch die neue Umgangssprache ebenfalls verändert wird, so dass keine eindeutige Identifizierung mehr möglich ist. …
Der Gleichheitsgedanke, von dem jetzt hier die Rede ist, durchzieht die europäische Denkgeschichte und findet sich auch im Marxismus. Es handelt sich nicht um ein religiöses Dogma, obwohl es auch im Rahmen der christlichen Religion verbal vertreten wird, sondern um eine Forderung des Humanismus und der Menschlichkeit. Eine wesentliche Konsequenz dieses Gleichheitsgedankens wird allerdings stets übersehen: Gleichheit hat die Konsequenz, dass die eigene Meinung, Überzeugung und auch der eigene Glaube und das eigene Interesse nicht unter Androhung oder Anwendung von Gewalt dem Mitmenschen oder dem Mitkonkurrenten aufgezwungen wird, weil der Mitmensch mit mir gleich ist. Die Forderung Jesu Christi "liebe Deinen Nächsten" ist eben keine Forderung einer Religion, sondern war und ist die Forderung eines Individuums, die schon seinerzeit dem herrschenden religiösen Dogma (dem jüdischen Glauben) diametral entgegengesetzt war. ... Diese Forderung geht auch weiter als der reine Verzicht auf Anwendung körperlicher Gewalt. "Liebe Deinen Nächsten" heißt Verzicht auf Durchsetzung von Interessen mit dem Mittel, dem Anderen, dem Konkurrenten, irgendeinen Schaden zuzufügen. … Auf eine Herabsetzung des Mitbewerbers und die Zufügung eines materiellen, finanziellen oder seelischen Schadens muss verzichtet werden. … In Bezug auf eine Glaubensgemeinschaft muss gelten, dass Frauen und Männern gleiche Rechte, gleiche Freiheiten, gleiche Vergnügungsmöglichkeiten usw. haben und im Falle einer Zuwiderhandlung Frauen und Männer ... gleich bestraft werden, …
Rudi Zimmerman im Jahr 2008
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