Das Zusammenwachsen der Menschheit und die Auflösung von Staaten
Auszug aus: Zivilisation als Fortsetzung der Evolution. Die Entwicklung der Erdbevölkerung zum System Menschheit. Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt © 2008 Verlag Philosophie des dritten Jahrtausends. Berlin. ISBN 978-3-00-024701-9
Wir sehen diesen Prozess des Zusammenwachsens der Menschheit auch in der sogenannten „Globalisierung“. Hier haben große Betriebe, Wirtschaftsunternehmen oder Konzerne, also lebende Systeme höherer Ordnung, die sich durch die Produktion bestimmter Waren definieren, eine besondere Funktion. Diese Konzerne verfügen in der Regel nicht über militärische Waffen oder eine bewaffnete Armee, sie führen keine militärischen Auseinandersetzungen, die mit der Ermordung von Menschenmassen verbunden sind, dennoch schwächen sie die Macht der Staaten. Sie haben die Möglichkeit, ihre Produkte in diesem oder in jenem Staat zu produzieren und können dadurch die Handlungen der Systeme Staat manipulieren, deren Handlungsfreiheit einschränken.
Die hoch aufgerüsteten Staaten werden mehr und mehr zu Marionetten der unbewaffneten Konzerne. Das wird zwar von den Vertretern der Staaten bedauert, ist jedoch ein Zeichen dafür, dass die militärische Macht der Staaten sinkt und sich Staaten als außenpolitisch handelnde Systeme immer weiter auflösen werden.
Der Prozess der Zivilisation wird also in Zukunft mit einer Auflösung der Staaten als einheitlich handelnde Systeme verbunden sein. An Stelle der Staaten werden kleinere übersichtliche regional begrenzte Verwaltungseinheiten entstehen, deren Aufgabe darin besteht, das friedliche Zusammenleben der Menschen zu organisieren.
Daneben werden sich Wirtschaftsorganisationen bilden, die die Versorgung der Menschen mit allen benötigten Gütern garantieren. Unterschiedlichkeiten der Besteuerungsmodalitäten werden sich angleichen, auch unterschiedliche Entlohnungen für gleiche Tätigkeiten werden sich erübrigen.
Zwei Faktoren werden aber neu geregelt werden müssen:
Einerseits die Ansammlung von Reichtum ohne zu arbeiten ohne Zeit zu investieren, der Grund für den immer weiter auseinanderklaffenden Reichtum. Die Kapitalansammlung ohne Zeitinvestition stellt die Bedeutung des Geldes als Speicher von Zeit und Fähigkeiten in Frage. Hier muss eine Lösung gefunden werden.
Andererseits das Bevölkerungswachstum. Eine Voraussetzung für das Überleben der Menschheit ist die Steuerung der Bevölkerungsgröße. Ein ständig steigende Menschenzahl auf dem Planeten Erde darf es ebenfalls nicht geben, wenn die Menschheit weiterhin existieren soll. Erforderlich ist also eine globale Steuerung der Bevölkerungsgröße und auch des Energieverbrauchs, sowie der mit der Produktion verbundenen Veränderung der Umwelt durch Abfallprodukte („Nachhaltigkeit“). Es gibt also auch Probleme, für die die Philosophie lebender Systeme keine Lösung anbieten kann.
Sicher ist nur eins: Lösungen gibt es nur global.
Deshalb gibt die Entwicklung der Informationstechnik Hoffnung. Eine internationale globale Vernetzung der Menschen, die nicht von Staatsmächten oder anderen Mächten kontrolliert werden kann und darf, ist ein wichtiges Mittel des Zusammenschlusses der Menschen auf der Erde und ihrer Einigung auf international anerkannte Regeln. …
Ausgangpunkt für die Trennung der Menschheit in die Systeme Staat, … die die Individuen als eine zu steuernde Masse betrachten, die ihrer Selbsterhaltung und Selbstentfaltung nutzt, war die regional begrenzte Bildung von Begriffen und Sprache. Die Sprache zementierte das Individuum als Gemeinschaftswesen und der regional begrenzte religiöse Glaube machte es zu einem Roboter zur Vernichtung Andersdenkender. Deshalb könnte die Einführung der bereits bestehen Weltsprache (Esperanto) als erste Fremdsprache oder einer anderen gemeinsamen Sprache global in allen Schulen ein Beitrag zur Förderung einer friedlichen Zukunft der Menschheit, in der die Forderung Schillers „alle Menschen werden Brüder“ (und Schwestern) Realität wird. …
Die Selbstregulation innerhalb des Systems Menschheit funktioniert nicht, weil sie biologisch nicht vorgesehen ist. Die Menschheit wächst weiter. In Zukunft muss das System Menschheit entweder eine Selbststeuerung installieren oder sie geht unter. Es kann nicht darauf warten, dass übergeordnete Regelkreise mit negativer Rückkopplung ausgelöst werden.
Die Menschheit könnte das ändern, indem die Individuen sich das Vergnügen, die Lust und die sexuellen Orgasmen ohne Vermehrung nehmen. Die "Antibabypille" u.a. Methoden der Empfängnisverhütung ermöglichen dies. Das realisieren jedoch nur die Individuen in den modernen entwickelten Staaten. Die Individuen in den armen Ländern vermehren die Menschheit jedoch weiter, so dass Krieg weiterhin erforderlich bleibt. Auch die Bekämpfung der Hungersnöte durch besonders „human“ denkende Individuen sorgt weiterhin die Notwendigkeit von Kriegen. …
Die Gegenwart ist durch einen anderen spontanen Effekt gekennzeichnet: die Einwohnerzahl in den armen Ländern reduziert sich durch die Auswanderung der Individuen in die reichen Länder.
Dies ist auch ein Regulationsmechanismus. Er führt in den armen Ländern zu weniger Bevölkerung und verbessert damit den Wohlstand dort. Außerdem wird ja Geld in die Heimat geschickt, so dass sich der Wohlstand dort weiter vergrößert. Es ist ein spontaner Mechanismus, der zur Angleichung des Wohlstandsgefälles führt. …
Der derzeitige Mechanismus ist jedoch der, zunächst die Menschen umzuverteilen. Diese verteilen sich spontan um, indem sie dahin ziehen, wo Wohlstand ist. Auch dieser Mechanismus wirkt dem Krieg entgegen. Er führt dafür zu Konflikten in den wohlhabenden Ländern. Diese Konflikte erzeugen allerdings weniger Tote als die bisherigen Kriege. Die wohlhabenden Länder benötigen natürlich mehr Geld, um diese Zuwanderer am Leben zu erhalten, damit sie nicht verhungern. Sie müssen also mehr Steuern erheben, die die Bürger und die Firmen zahlen müssen. Dies ist auch eine Möglichkeit der Umverteilung des Wohlstands. Leider wächst die Menschheit aber dennoch weiter, so dass das zu lösende Grundproblem weiterhin besteht.
… Die Steuern und Abgaben der international tätigen Konzerne werden quasi von ihnen selbst festgelegt, indem sie ihren Firmensitz danach wählen, wo sie billiger produzieren können. Den nationalen Regierungen ist darüber hinaus die Kontrolle über die Geldströme entglitten. Die Großbanken, Zentralbanken und Finanzzentren bis zur Höhe des Weltwirtschaftsforums kontrollieren die Finanzströme, die Systeme Staat sind bei den Geldgebern verschuldet und befinden sich Abhängigkeit der Banken. …
Ein weiteres Problem neben der Aufteilung in Sprachgemeinschaften ist die Teilung der Menschheit in Glaubensgemeinschaften. Die Aufteilung der Menschheit in jeweils Gläubige und Ungläubige dient der Kriegsvorbereitung, indem sie das natürliche schlechte Gewissen der Individuen beruhigen, das sie bei der Ermordung ihres Mitmenschen haben. Besonders die monotheistischen Religionsgemeinschaften fördern die Überbevölkerung der Erde mit Menschen und treffen damit Kriegsvorbereitungen.
In Europa schien die Macht der Religionsgemeinschaften durch die Aufklärung und einige sehr verlustreiche Kriege gebrochen zu sein. In Zukunft muss die Macht der Vernunft weiter gestärkt werden. Die Verbreitung unbegründbarer völlig willkürlicher Glaubensvorstellungen sollte nicht durch finanzielle Unterstützung unbelehrbarer und uneinsichtiger Religionsvertreter unterstützt werden, die Glauben statt Vernunft verbreiten. Diesbezüglich ist ein eklatanter Rückschritt der Entwicklung vom Glauben zur Vernunft zu verzeichnen.
Rudi Zimmerman im Jahr 2008 |